

Pressemitteilung Kölsch-Literaturwettbewerb
Ob der Herrgott eine ganz besondere Verbindung zu Köln hat oder Jesus ene Kölsche Jung wor, ist ein schönes, humorvolles Gedankenspiel, in das Michael Bildhauer die Zuhörer des vierten Kölsch- Literaturwettbewerbs Ende Juni im Bergischen Saal von Schloss Eulenbroich entführt. Fast könnte man das in wunderbare Reime gegossene Märchen für wahr halten, denn bereits zum zweiten Mal in Folge ging der vom Rösrather Kulturverein Schloss Eulenbroich veranstaltete Wettbewerb zur Pflege der Kölschen Sproch als erste Live-Veranstaltung nach Monaten des Kultur-Lockdowns an den Start.
In dem unter Einhaltung der Hygienevorschriften ausverkauften Saal lauschen rund 50 Zuhörer gebannt, wie 11.001 Jungfrauen die Jesusgeburt im Dom zu Kölle fiere, Rote Funken die frohe Botschaft verkünden oder statt Myrre und Weihrauch Himmel und Äd auf dem Gabentisch landen und belohnen die Phantasie des Autors mit Platz 1 in der Wettbewerbskategorie Lyrik.
„Insgesamt haben 23 Männer und Frauen anonymisiert ihre Prosa- uns Lyrikbeiträge zum vierten Kölsch Literaturwettbewerb eingereicht“, berichtet Ingrid Ittel-Fernau vom Kulturverein, die auch durch den Abend führt und die Autoren und Autorinnen vorstellt. Sechs davon wurden von den Mundart-Profis Monika Kampmann, Thomas Cüpper, Dr. Bernd Hambüchen und Paula Hiertz in einem anonymen Verfahren für das Finale ausgewählt und präsentierten ihre in Kölscher Sproch verfassten Rümcher (Lyrik) und Verzällcher (Prosa) mit viel Herzblut und Hingabe.
Mut, Nervenstärke und Gelassenheit der Veranstalter lobte auch Sponsor Dr. Jürgen Rembold, dessen Stiftung zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements den Wettbewerb mit initiierte und Preisgelder in Höhe von insgesamt 1.200 Euro vergibt. „Für mich, so betonte Rembold, „ist Kölsch nicht nur eine Mundart, sondern eine faszinierende Sprache, die es zu erhalten lohnt.“
Wie gefällig und erheiternd in Kölscher Sproch ein so ernstes Thema wie Isolation und Vereinsamung durch Digitalisierung klingen kann, stellt Stefanie Brands mit ihrer Geschichte „Internetz“ eindrücklich unter Beweis. Durchaus dialektisch schildert sie zunächst die Vorteile der Digitalisierung: virtuelle Meetings, kein lästiger Nachhauseweg, Businesskleidung nur bis zum Bauchnabel, Tutorials zur psychologischen Selbstbehandlung. Doch als ein technischer Defekt den Stecker zur Außenwelt zieht und nicht nur die Nachbarin, sondern sogar die eigene Stimme fremd geworden ist, kommt Brands Protagonistin ins Grübeln und tauscht das virtuelle Leben mit dem echten auf einer Parkbank im Grünen. Dort beginnt für sie eine „wunderbare internetfreie Zick“. Für ihre engagierte Erzählung erntet die ehemaligen Puppenspielerin des Kölner Hänneschen Theaters viel Applaus und wie im Vorjahr Platz 1 in der Wettbewerbskategorie Prosa.
Die zweiten Plätze belegen in der Kategorie Lyrik Vorjahressieger Mario Maintz mit seinem Gedicht
„Desmol wor et anders“, in dem er ein eindrückliches Zeitzeugnis einer ausgefallenen Karnevalsession zeichnet und Rita Goldammer mit ihrer Persiflage „Wie et kom, dat de Hüssäge...“, in der sich ein urkomischer Corona-Dialog eines alten Ehepaares entwickelt, der mit ihrem Bedauern der sozial Isolierten beginnt und mit den Kontakt- und Berufsverboten auch im Rotlichtmilieu für ihn auf sehr dünnem Eis endet.
Die dritten Plätze gehen an Helga Stein, deren Gedicht „Demokratie“ stellvertretend von Dr. Bernd Hambüchen vorgetragen wurde und kritisch-humorvoll alle Besserwisser und sogenannte Demo- Demokraten in Zeiten von Corona unter die Lupe nimmt sowie an Gerda Laufenberg, die in ihrer Geschichte mit einem Augenzwinkern und sozialkritischen Unterton die vorgegaukelte heile Kneipenwelt des „Trink doch ene mit“ entlarvt.
Zum Abschluss erhielten die Finalisten von Stifter Dr. Jürgen Rembold ein Paket Rösrather Kulturkaffee samt Tasse und Schecks in Höhe von je 300, 200 und 100 Euro.
Beim Corona-geordneten Rückzug in die feuchtwarme Sommernacht sah man in strahlende Gesichter und hörte ein vielfaches „Wat wor et wieder schön!“
01.07.2021, Petra Stoll-Hennen
Kölner Stadtanzeiger zum Altermarktspielkreis
Aus dem Kölner Stadtanzeiger: „Ich bin ein Schlagloch-Opfer“
Zollstock - Seit 70 Jahren prägt der Altermarktspielkreis die kölsche Theaterszene. Von Beginn an steht das im Sommer 1950 im noch kriegszerstörten Köln gegründete Amateurtheater für ein lebendiges, kreatives Stück kölsches Köln. Viele unterschiedliche Formate, von der Revue über Krippenspiele bis hin zu Passionsspielen, hat „dat Schmölzje“ seitdem in kölscher Sprache auf die Bühne gebracht. Fester Bestandteil des Programms war und ist bis heute das Kabarettformat „Äujelskess“ (Fernsehapparat), bei dem die Akteure Alltagssituationen und gesellschaftskritische Geschehnisse, kabarettistisch aufbereitet darstellen.
Auch in seinem aktuellen Programm „Mer dun jet dozo“, legt der Spielkreis den Finger wieder in städtische, politische und gesellschaftliche Wunden. Das Motto beziehe sich auf das von den Höhnern ins Kölsche übertragene „Bürgerlied“ von Hannes Wader, sagt Rita Goldammer, die rund ein Drittel der aktuellen Theatertexte verfasst hat. Persifliert, karikiert und parodiert werden Auswüchse dieser Zeit. Werteverlust, politisches Desinteresse und Rechtspopulismus rücken ins Zentrum der theatralischen Aufmerksamkeit. In 21 Sketchen, Liedern, Gedichten und Geschichten präsentieren die elf Laiendarsteller um Spielleiter Guido Alexius, das, was sich in Köln und der Welt abspielt, zeigen, was Theater ist: zeitkritisch und vor allem auf Kölsch. Das sei oft viel direkter und ehrlicher als auf Hochdeutsch, sagt Alexius. Themen wie „Fridays for Future“, die „Umweltsau-Hysterie“ oder die „Arsch-Huh“-Aktivitäten gegen Rechts sind ebenso Teil des Programms, wie der Blick auf den ganz normalen Alltag von Menschen in unserer Stadt die als Flaschensammler unterwegs sind, oder die, die Dramatisches beim Kauf einer Bahnkarte am Fahrscheinautomat erleben. Musikalisch begleitet werden die Darsteller von Ulla Barthel am Klavier und an der Quetsch.
Vor zwei Jahren habe sich die Theatergruppe neu formiert, erzählt die Spielkreisvorsitzende Gabriele Thelen. Jüngere Mitspieler seien dazugekommen, verdiente ältere Mitglieder seien ausgeschieden. Inhaltlich sei man politischer geworden. „Die in Deutschland immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich wird im aktuellen Stück ebenso thematisiert, wie die Me-too-Debatte im Sketch zweier Fensterputzer“, sagt Spielleiter Alexius. Auch das Bühnenbild ist neu. Keine bunten „Aldermaat-Hüsjer“ mehr, stattdessen Plakate mit Boulevard-Schlagzeilen wie „Ich bin ein Schlagloch-Opfer“ oder „Wie fit ist Köln für E-Autos?“.
Erstmalig unterstützt werde die Theaterarbeit vom Fonds Soziokultur, betonte Wolfgang Hansen vom Vorstand. Der Fonds, 1988 auf Initiative des Deutschen Bundestags gegründet, fördert zeitlich befristete Projekte mit Modellcharakter. Sie sollen ein Beispiel für andere soziokulturelle Projekte und Einrichtungen sein.
Der Altermarktspielkreis freut sich über neue Mitspieler aller Altersgruppen, die Spaß am Theater und an der kölschen Sprache haben. Zusammen mit Spielleiter und Theaterpädagoge Guido Alexius werden heitere, liebevoll-kritische und satirische Szenen über Köln und seine Menschen mit ihren Eigenarten erarbeitet und auf die Bühne gebracht. „Wir suchen aber auch Mitglieder, die nicht auf der Bühne stehen, sondern im Hintergrund mitarbeiten, bei der Organisation helfen“, sagt Wolfgang Hansen vom Vorstand.
Roland Meurer